Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 239, K. 06

Episode Nr.
54

Start des 6. Kapitels über die Evolution des Rechts: Ist innerhalb von autopoietischen Systemen eine Evolution möglich? Und wenn ja: Wie verläuft diese konkret?

Die Einführung untersucht, inwiefern sich Darwins Evolutionstheorie und ihr Schema Variation/Selektion/Stabilisierung von der Biologie auf ein soziales System wie das Recht übertragen lässt. Also auf ein System, das durch Kommunikation operiert, und das alle Elemente, aus denen es besteht, selbst reproduziert (Autopoiesis).

Zu diesem Zweck überträgt Luhmann das Darwin-Schema auf Grundbegriffe seiner Systemtheorie und präzisiert wie folgt:

Variation betrifft die Elemente: Ein Element (in der Kommunikation) variiert und weicht vom bisherigen Muster der Reproduktion ab. Es bietet ein neues Reproduktionsmuster an.

Selektion betrifft die Strukturen: Die Kommunikation entscheidet, ob sie die angebotene Variation annimmt oder ablehnt. Eine Annahme bedeutet, dass die Reproduktion künftig nach neuem Muster erfolgt. Die Variation ist damit anschlussfähig geworden. Die Strukturen des Systems sind verändert.

Stabilisierung betrifft das gesamte System: Nach erfolgter Selektion stabilisiert sich das System wieder. (Anm.: In späteren Texten spricht Luhmann darum von Restabilisierung.) Es reproduziert sich künftig in geänderter Form.

Evolutions- und Systemtheorie werden auf diese Weise zusammengeführt. Beide sind Differenztheorien, die untersuchen, unter welchen Bedingungen es zu (ungeplanten, zufälligen, sprunghaften) Strukturänderungen kommen kann.

Gemeinsam ist beiden Theorien auch: Sie versuchen nicht, eine Einheit der Geschichte zu konstruieren. Stattdessen reduzieren sie Komplexität auf die Frage: Unter welchen Bedingungen kommt es zu Veränderungen?

Die Annahme einer eigenständigen Autopoiesis des Rechtssystems legt nahe, dass es auch eine eigenständige Evolution des Rechtssystems gibt.

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